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Walter Moers: Die Stadt der träumenden Bücher

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24.08.2003
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Walter Moers: Die Stadt der träumenden Bücher

Walter Moers ist bei seiner Suche in den Bücherregalen andere Welten ein wahrhaft überragender Autor in die Hände gefallen - der Lindwurm Hildegunst von Mythenmetz. Er hat die Werke dieses Autoren der Allgemeinheit zugänglich gemacht und sie aus dem Zamonischen übersetzt.

Zamonien, die Welt, in der Mythenmetz' autobiografisches Werk seinen Lauf nimmt, unterscheidet sich stark von der Erde - nicht nur durch seine Artenvielfalt, die dem belesenen Fantasten bekannt vorkommen mag. Durch die etwas einseitige Darstellung weckt Mythenmetz in dem Leser den Eindruck, die Zamonier täten den ganzen Tag nur eines - lesen!
In der Lindwurmfeste ist es ein alter Brauch, dass jedem Neugeborenen ein Dichtpate zur Seite gestellt wird. Als Mythenmetz' Dichtpate stirbt, vererbt er ihm ein Manuskript, das ihm vor Ehrfurcht die Tränen in die Augen treibt. Nachdem er seine Minderwertigkeitsgefühle und Suizidgedanken, die ihn nach dem Lesen des Manuskriptes heimgesucht haben, überwunden hat, macht er sich auf, der Spur des mysteriösen Autors zu folgen. Der ist nämlich, auf Anregung des Dichtpaten, nach Buchhaim gegangen, um dort sein Manuskript zu veröffentlichen - und spurlos verschwunden.
Buchhaim ist eine Stadt, die das Autorenherz höher schlagen lässt. Denn überall geht es nur um Bücher, Bücher, Bücher. Der Reisende, der in die Stadt kommt, sieht als erstes Antiquariate, die stellenweise nach Themen sortiert sind, stellenweise nach dem Alter und dem Wert. Man kann sogar Buch-Überraschungspakete kaufen, wo manchmal echte Schnäppchen zu finden sind. Abends, zur "Holzzeit", finden an allen Ecken und Enden Lesungen statt. Dichter und Autoren stehen auf den Straßen und deklamieren laut aus ihren Werken, in der Hoffnung, dass ein vorübergehender Verlagslektor auf sie aufmerksam wird. Darsteller haben sich als Figuren aus großen Werken verkleidet und deklamieren für ein paar Münzen Passagen daraus. In Buchhaim wird das Lesen zum Kult erhoben.
Unter der Stadt erstreckt sich ein gewaltiges Labyrinth - das Reich der Buchjäger und allen möglichen Arten abscheulicher Kreaturen. Zur Gründerzeit von Buchhaim wurde hauptsächlich das Labyrinth als Lagerstätte für die ganzen Bücher benutzt, und bis zum heutigen Tage verrotten wahre Schätze der zamonischen Literatur in den dunklen Gängen. Diese aufzuspüren ist der Beruf der Buchjäger, die auf der Suche nach wertvollen Büchern immer tiefer in die Katakomben vordringen - bis ins Reich des mysteriösen Schattenkönigs oder der Schrecklichen Buchlinge, die angeblich Literatur fressen sollen! Als widrige Umstände Mythenmetz in das Labyrinth verschlagen, fällt er ausgerechnet den Buchlingen in die Hände...


"Die Stadt der träumenden Bücher" (Libri) ist ein wunderbares Buch. Mythenmetz verknüpft mit der allergrößten Selbstverständlichkeit Ereignisse, die uns Terranern seltsam und unverständlich vorkommen mögen. Leider hat Herr Moers beim Übersetzen einige wenige Plusquamperfekt-Fehler eingebaut, aber die trüben den Lesegenuss nur unwesentlich. Für jeden Büchernarren ist dieses Werk ein Muss!

gruß
vita
:bounce:

 

Scheiß auf die Plusquamnichtperferkte (die mir übrigens nicht aufgefallen sind), beim Lesen hatte ich das Gefühl, das Manuskript, von dem dieses Buch handelt, wäre dasselbige, aus dem das Buch entstanden ist. Nachdem man dieses Buch gelesen hat, denkt man: "Perfekter geht's nicht. Die nicht Walter Moers heißenden Fantasy-Autoren sollen umlernen oder sich freiwillig einfrieren lassen."

FLoH.

 

Hohoho Jetzt übertreibt mal nicht!

Sicherlich ist das Buch hochgradig interessant und bietet ein Haufen Abwechslung von der üblichen Fantasykost (obwohl ich zugeben muss in diesem Bereich nur die Standardwerke zu kennen). Aber perfekt oder gar Orm-erfüllt ist es noch lange nicht.
Dazu gebraucht der Ich-Erzähler manchmal viel zu umständliche Erklärungen, sind die Handlungsumschwünge und -abläufe oft viel zuverworren bzw. wirken wie spontan ins Blaue geschrieben und ist der Gesamtplot einfach zu platt (der lebt von den Abenteuern des Dinos aber nicht von der Rahmenhandlung).

Versteht mich nicht falsch. Ich hab das Buch gern gelesen (meine Lieblingsstelle war in der Ledernen Grott mit den Buchlingen). Außerdem hab ich anderswo schon mal geschrieben, dass dieses Buch hier Pflichlektüre werden sollte, da uns der Erzähler viele nützliche Tipps zur Gestaltung einer Geschichte gibt.

Aber nach dem, was ich bisher von Moers so kannte, war ich doch ein wenig enttäuscht. Mag sein, dass mir der schwarze Humor und der Biss an diesem Buch etwas gefehlt haben.


gruß
hagen

 

Dieses Thema ist nun seit knapp zwei Monaten nicht weiter besprochen worden und doch möchte ich kurz meine Meinung dazu äußern: Das wohl wunderbarste Buch das ich je gelesen habe - und ohne dieses wäre ich nicht auf diese HP gestoßen!

 

ich finde das Buch auch klasse. Hat mir noch besser gefallen, als etwa die unendliche Geschichte. Was vielleicht unterirdisch an Rahmenhandlung fehlt macht er durch die wunderbaren Charaktere und der Spannung allemal wet. Nur das Ende geht mir etwas zu schnell und erzwungen.

Hab mir spontan darauf Ensel und Kretel und besonders zu erwähnen Rumo gekauft. Besonders der Anfang von Rumo kann einen ganz schön mitnehmen. Habe aber den Kauf garantiert nicht bereut.

Wo ich mir unschlüssig bin, ist die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär. Hört sich doch sehr nach Kinderlektüre an...

 

hi Texter,

lies die 13 1/2 Leben. Ist mindestens ebenso gut wie die späteren Zamonien-Bücher und keine Kinderlektüre. Man versteht auch vieles besser aus den anderen Bücher, wenn man den Blaubäre kennt.

Und: mit dem Blaubär aus der "Sendung mit der Maus" oder dem Käptn-Blaubär-Zeichentrickfilm hat das Buch eigentlich nur den Namen des Protagonisten und den Erfinder Moers gemeinsam, falls dich dies auf den Gedanken gebracht hat, es sei ein Kinderbuch.

Lieben Gruß,
Platoniker

 
Zuletzt bearbeitet:

Als langjähriger Moers-Fan musste ich seine Fantasy-Schwarten natürlich unbedingt lesen und es hat sich absolut gelohnt. Sein unglaublich schräger Humor und der meist gut aufgebaute Spannungsbogen saugen den Leser förmlich ins Geschehen.

Vor allem Rumo hat mich fasziniert, der Abstieg in die Höllenwelt über die Hundestadt Wolperting ... einfach genial. "Die Stadt der träumenden Bücher" hat mich dann nicht mehr ganz so sehr fasziniert wie die beiden Vorgänger. Das liegt zum einen an dem, mir nicht wirklich sympathischen Helden Mythenmetz und der totalen Fokussierung auf Bücher.

Im Grunde erschien mir die Unterwelt von Buchhaim auch eher als Neuauflage der Unterwelt in "Rumo" und die Handlung zieht sich stellenweise recht zäh dahin. Moers wurde hier m.M.n. vom typischen Dungeon-Syndrom befallen, ein finsterer Gang folgt dem nächsten und so weiter. Das Ende kam mir auch etwas zu schnell und war nicht wirklich überraschend. Am besten an den Moers-Büchern sind immer noch die eingestreuten Nebengeschichten von der Lindwurmfeste, den Teufelszyklopen etc.

Alles in allem aber ein großartiges Buch, dem hoffentlich noch viele weitere folgen werden.

Gruß, Marvin

PS: Adolf 3: Der Bonker von Moers ist vor kurzem erschienen.

 

So, bin jetzt nun auch endlich mal in die Gnadenposition gerutscht, dieses Buch lesen zu dürfen.
Lesen?
Wohl eher eingeatmet.
Zugegeben, die ersten fünfzig Seiten waren mit ihren vielen verschlungenen Beschreibungen noch nicht derart, dass ich vor Vergnügen laut aufseufzen musste, aber alles was danach kam, ist wohl wahrhaftig im Einklang mit dem "Alphabet der Sterne" geschrieben worden.
Orm pur!

 

So gut fand ich dieses Buch nicht - genau genommen war (und bin) ich etwas enttäuscht.

Keine Frage - Moers ist einer der besten Phantasten der Gegenwartsliteratur, und, davon bin ich überzeugt, der einzige deutschsprachige Phantastik-Autor (wovon es derzeit ja mehr als genug gibt), den man auch in fünfzig Jahren noch lesen wird. Ich mag vor allem seine Wortspielereien und die bekloppten Ideen.

Trotzdem war die "Stadt der träumenden Bücher" nicht so meins - aus dem Grund, den Marvin nannte: Dunkle Gänge sind dunkle Gänge sind dunkle Gänge. Nichts gegen dunkle Gänge. Oder dunkle Gänge. Oder dunkle Gänge. Aber dunkle Gänge unterscheiden sich nunmal nicht sonderlich von dunklen Gängen, geschweige denn von dunklen Gängen.
Bis zum Abstieg in die Buchhaimschen Katakomben habe ich die Erzählung genossen, weil mich das Konzept, einen Schriftsteller als Erzähler zu verwenden, und Bücher zum thematischen Mittelpunkt zu machen, doch begeistert. Aber schon mit den ersten Schritten Mythenmetzens im Dunkeln habe ich gehofft, daß er endlich wieder nach oben findet.

Das hat mir schon bei Rumo mißfallen (aber da war es noch "neu"). Der Blaubär bleibt mein Lieblings-Moers-Buch - es bietet einfach am meisten Abwechslung.

Um den Rollenspielvergleich mit dem "Dungeon-Syndrom" aufzugreifen: Käptn Blaubär ist DSA, "Stadt der träumenden Bücher" bloß D&D.

 

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