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Elfriede Jelinek: Die Klavierspielerin

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12.03.2001
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Elfriede Jelinek: Die Klavierspielerin

Erika Kohut, Ende dreißig, ist Klavierlehrerin und Tochter, vor allem aber Tochter. Die Mutter bestimmt Erikas Leben, sie verbietet dem Kind, sich auf das Leben einzulassen. In ihrer Isolation wird Erika zur Voyeurin, Lust empfindet sie nur im Leiden und der Bestrafung.

Habe schon länger kein so fesselndes Buch mehr gelesen. Die sprachlichen Fähigkeiten von Elfriede Jelinek, vor allem die Art und Weise, wie Erika und ihre Lebenswelt perspektiviert werden, schaffen eine Atmosphäre, die sich anfühlt wie verrückt werden. :sconf:

 

Hab den Film dazu von Michael Haneke gesehen. Das war ein ziemlicher Hammer (nicht unbedingt im schlechten Sinn). Der Zuschauer wird quasi als Voyeur in Erikas Welt impliziert, und man schämt sich für die Sachen die man sieht.

 

Den Film hab ich noch nicht gesehen, bin aber neugierig, wie die das umgesetzt haben: Es gibt in dem Buch nämlich überhaupt keine direkte Rede, das geht dann so:

"Einem Schwarm herbstlicher Blätter gleich, schießt Erika durch die Wohnungstür und bemüht sich, in ihr Zimmer zu gelangen, ohne gesehen zu werden. Doch da steht schon die Mama groß davor und stellt Erika. Zur Rede und an die Wand, Inquisitor und Erschießungskommando in einer Person, in Staat und Familie einstimmig als Mutter anerkannt. Die Mutter forscht, warum Erika erst jetzt, so spät, nach Hause finde? Der letzte Schüler ist bereits vor drei Stunden heimgegangen, von Erika mit Hohn überhäuft. Du glaubst wohl, ich erfahre nicht, wo du gewesen bist, Erika. Ein Kind steht seiner Mutter unaufgefordert Rede und Antwort, die ihm jedoch nicht geglaubt wird, weil das Kind gern lügt. Die Mutter wartet noch, aber nur so lange, bis sie eins zwei drei gezählt hat. Schon bei zwei meldet sich die Tochter mit einer von der Wahrheit stark abweichenden Antwort." ...

 

Wow, gut gewählte Passage. Klingt sehr interessant und lesenswert.

 

Ich habe "Die Klavierspielerin" ebenfalls gelesen und ich fand es unheimlich gelungen. Die gute Elfriede hat sprachlich unheimlich was drauf, aber auch viele lange Schachtelsätze, die das Lesen enorm anstregend machen.
Aber es lohnt sich.

 

Ich habe den Film gesehen. Hammerhart. Vor allem deswegen, weil die Kamera niemals außen vor ist. Es gibt Szenen, die weh tun, manche seelisch, manche körperlich.
Ein Film, den man definitiv nicht als Lehrfilm über SM ansehen sollte ("don't try this at home!").
Eine eingehende psychologische Charakterstudie, aber nichts für zarte Mägen.
Das Buch werde ich lesen, sobald der Berg an wartenden Büchern hier abgearbeitet ist!
Grüße

chaosqueen :queen:

 

Allem obengennanten schließe ich mich bedingungslos an- vor allem das fast körperlich empfundene Betroffensein in bestimmten Szenen, wie chaosqueen es angesprochen hat, habe ich noch deutlich in Erinnerung; und zwar sowohl vom Buch als auch vom Film.
Ich konnte mir den Film kein zweites mal anschauen, weil er ziemlich mitnimmt, ziemlich an die Essenz geht.
Das Buch konnte ich kein zweites mal lesen, weil ich die Sprache auf die Dauer als anstrengend empfinde... Aber das ist ja Geschmackssache.

Nabend
All-Apologies

 

Die Klavierspielerin (Michael Haneke) läuft heute im Österreichischen Fernsehen (ORF 2) um 22.15 h, falls Ihr Euren Videorekorder programmieren wollt.... (Habt Ihr ORF im deutschen Kabelfernsehen, müßt eigentlich dabei sein...)

 

Da mich gestern alle Dreckskerle alleine ließen, musste ich lesen. Also griff ich nach genau diesem Buch, und ich habe das erste Kapitel verschlungen wie ein Ausgehungerter trockenes Brot. Das liest sich wie ein Stummfilm, wie ein richtig Genialer von Chaplin. Zum Schlafen musste ich mich zwingen und jetzt gehts weiter.

PS: Mir ist kotzübel, ich habe von einem Steak gebraten auf 16 Spiegeleiern (na, ungefähr so viele) geträumt, die ich essen musste. Mir ist soooooooo schlecht.

 

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